Die Marke Luther by Pettegree Andrew
Autor:Pettegree, Andrew
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Insel Verlag
veröffentlicht: 2016-03-14T16:00:00+00:00
KAPITEL 8
Die Reformation in den Städten
Es ist an der Zeit, Wittenberg vorübergehend zu verlassen und zu verfolgen, welche Wirkung Luther (und seine Schriften) jenseits des sicheren Hafens entfalteten, den Kurfürst Friedrich ihm in Kursachsen bot. Denn dort würde sich erweisen, was aus seinem Ruf nach Reformen in der weiteren Welt erwachsen sollte: an den von Klatsch und Tratsch erfüllten öffentlichen Schauplätzen in den geschäftigen deutschen Städten und im politischen Strudel des Flickenteppichs deutscher Fürstentümer. Die ersten Anzeichen von Interesse, ja, sogar von Begeisterung für Luther hatten äußerst vielversprechend gewirkt. Es war jedoch eine Sache, in der Erregung eines Reichstags »Tod den Katholiken« zu rufen, aber eine völlig andere, Wittenberg praktisch in die Kirchenspaltung zu folgen und die vertraute religiöse Praxis von Grund auf umzugestalten.
In dieser Hinsicht brachten das Jahr 1521 und das Edikt von Worms einen entscheidenden Wendepunkt. Bis 1521 war es relativ ungefährlich, Interesse an Luther zu äußern. Bei den meisten dürfte Luthers Reformagenda wohl in vielen Punkten auf Zustimmung gestoßen sein, auch wenn sie seine extremeren Standpunkte vielleicht nicht akzeptierten. Nach der Bekanntmachung der Reichsacht sah es jedoch anders aus. Luther zu unterstützen bedeutete nun, sich hinter einen verurteilten Ketzer und Geächteten zu stellen.
Besonders heikel war die Lage für diejenigen, die zuvor das größte Interesse an Luthers Kritik an der etablierten Ordnung bekundet hatten: das Patriziat der reichsfreien Städte. In diesen Kreisen hatte man weithin über Luthers Herausforderung des Papstes diskutiert. Diese Agenda weiter zu verfolgen konnte sich nun als äußerst gefährlich erweisen. Die Städte legten großen Wert auf ihre politische Unabhängigkeit, ihren Räten war jedoch klar, dass sie sich nicht garantieren ließ. Sie wussten, dass die Landesfürsten in ihrer Umgebung stets bestrebt waren, ihre Macht auszudehnen. In manchen Orten gab es noch ungeklärte Fragen zu Machtbefugnissen und Rechten konkurrierender Herrschaftsorgane. Traditionell suchten die Städte bei allen Versuchen, ihre Privilegien einzuschränken, Unterstützung beim Kaiser. Dieser hatte sich nun jedoch gegen Luther ausgesprochen, und allen, die sich in dieser Sache gegen ihn stellten, drohten schwere Strafen.
Daher tendierten die Stadtväter zur Vorsicht, denn sie standen vor schwierigen und gefährlichen Entscheidungen und unsicheren Zukunftsaussichten. Sie erlebten, wie stark Luthers Sache die Gemüter erhitzte, und konnten es in der Stadt spüren (denn die Ratsherren waren räumlich nicht von der regierten Bevölkerung getrennt, die zahlreiche Gelegenheiten hatte, ihre Unzufriedenheit auf den belebten Straßen zu bekunden). Wenn die öffentliche Erregung außer Kontrolle zu geraten drohte, reagierten sie extrem nervös. Wie erfolgreich die Reformation das öffentliche Interesse auf sich zog, belegten allein schon die Stapel von Flugschriften auf den Ständen der Buchhändler. Aber die Gefahren eines übereilten Handelns ihrerseits überwogen die des öffentlichen Aufruhrs. Zeugte der Trubel tatsächlich von der sich bildenden Meinung der gesamten Stadtbevölkerung oder nur von der einer lautstarken Minderheit? Und was war mit den politischen Risiken? Der Kaiser hatte seine Ansicht zu Luther allzu deutlich gemacht. Konnten sie es wagen, ihm die Stirn zu bieten?
In der Regel nahmen die Stadträte, die oft einer geschlossenen Oligarchie mächtiger Familien angehörten, eine vorsichtige Haltung ein, auch wenn manche von ihnen persönlich mit den neuen Lehren sympathisierten.
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